Mein Jahr in Südafrika – Voneinander lernen

Seit über einem Jahr bin ich nun schon wieder in Deutschland und blicke immer wieder auf eines der schönsten und erlebnisreichsten Jahre meines Lebens zurück. Von August 2015 bis August 2016 habe ich einen weltwärts-Freiwilligendienst in Südafrika durchgeführt und in Philippi gelebt und gearbeitet. Mit einer Mischung aus Abenteuerlust und dem Drang Freiheit zu erleben und die Welt zu sehen, hatte ich mich beim Berliner Missionswerk auf die Stelle in Kapstadt bei iThemba Labantu beworben und nach vielen Monaten voller Vorfreude und Vorbereitungen konnte ich es kaum erwarten, endlich in Kapstadt anzukommen!

Die ersten Tage nach dem Flug nach Südafrika waren etwas ganz Besonderes für mich; eine andere Sprache, andere Umgebung, neue Aufgaben und viele neue einzigartige Menschen. Ich habe es sehr genossen, einmal die Möglichkeit zu haben, aus alle dem raus zu sein, was ich die letzten 18 Jahre gemacht hatte und mich ausprobieren zu dürfen. In der Arbeit bei iThemba Labantu war das unter anderem ein berufliches Ausprobieren: Zu meinen Aufgaben zählten Einkaufs- und Fahrdienste, wie der wöchentliche Großeinkauf für die Suppenküche, und Aufgaben in der Administration und Organisation –  am meisten gefallen und bereichert hat mich aber die Kinder- und Jugendarbeit. Über acht Monate hatte ich eine Klasse des Nachmittagsprogramms übernommen und täglich unterrichtet. Mit meinen 7. Klässlern jeden Tag zusammenzuarbeiten und sie über eine längere Zeit intensiv zu begleiten,  war für mich die tollste Aufgabe und ich habe dadurch unheimlich viel dazugelernt.

Als Freiwilliger war ich nicht in Südafrika um zu helfen, sondern um zu lernen. Für mich persönlich besteht Entwicklungspolitik daraus, miteinander im Kontakt zu stehen, sich auf Augenhöhe auszutauschen und voneinander zu lernen. In meiner Rolle als Lernender konnte ich neue Perspektiven entdecken und in viele Sachverhalte neue Einblicke erhalten, welche ich nun nutzen kann, um mich in Deutschland zu engagieren. So unterstütze ich beispielsweise den Verein Themba Labantu e.V., um meine Erfahrungen aus Südafrika bestmöglich einzubringen.

Außerdem sehe ich viele Dinge seit meinem Freiwilligendienst mit anderen Augen und einige „Kleinigkeiten“ haben für mich mittlerweile einen ganz anderen Wert als vorher. Nachdem ich 10.000 Kilometer von zuhause entfernt gewohnt habe, weiß ich Familiengeburtstage viel mehr zu schätzen und erlebe wie schön und praktisch es ist, wenn man so nah beieinander wohnt. Und auf politischer Ebene habe ich gelernt, wie dankbar ich für Sicherheit, die politische Stabilität und andere Standards in Deutschland sein kann.

In vielen Bereichen hat mich die Zeit in Südafrika sehr geprägt und bereichert. In den 12 Monaten konnte ich einzigartige Einblicke in die Kulturen der Xhosa und Coloureds erleben, die zwei größten Bevölkerungsgruppen in Kapstadt. Ein Jahr lang im Township Philippi zu arbeiten und zu leben hat mich sehr bereichert und ich habe es genossen, mich von der Lebensfreude der Menschen anstecken zu lassen. Ganz zu schweigen natürlich von den vielen beeindruckenden Landschaften des Landes und der faszinierenden Tierwelt. Als Freiwilliger hatte ich das große Glück, Urlaubsziele und Touristenattraktionen, aber gleichzeitig auch den normalen Alltag in Philippi erleben zu dürfen. Besonders das Letztere machen die Erfahrungen aber so einzigartig. Philippi ist für mich während dieser Zeit zu einem zweiten Zuhause geworden. Mit vielen Mitarbeitern bei iThemba Labantu habe ich mich so gut verstanden, dass daraus wunderbare Freundschaften entstanden sind und ich mit vielen immer noch Kontakt habe.

Für mich war es die beste Entscheidung, die ich treffen konnte, nach der Schule ein Auslandsjahr in Südafrika zu machen. Aus diesem Grund kann ich es Schülern absolut nur weiterempfehlen, nach dem Abitur einen Freiwilligendienst oder ähnliches durchzuführen. Wegen der großartigen Einsatzstelle iThemba Labantu fiel die Wahl für mich persönlich auf Südafrika, aber auch generell ist dieses Land gesellschaftlich und politisch unglaublich interessant und ich empfand es immer als Privileg, Südafrika mit seiner einzigartigen Geschichte für ein Jahr lang hautnah miterleben zu dürfen. Für mich waren es die schönsten zwölf Monate meines bisherigen Lebens und ich werde mich noch lange daran erinnern.

Philipp Raschke